Dienstag, 30. Juni 2009

Ein Jahr Amerika



Jetzt lebe ich tatsächlich schon ein Jahr hier in den Staaten. Unfassbar, wie schnell die Zeit vergeht.

Der goldene Sonnenschein hier am Abend, wenn sich das Licht mit den Nebelschleiern zusammentut, die über den Hügeln von Marin County liegen, ist einfach unfassbar schön.
Wer die letzten Bilder von mir auf Flickr gesehen hat, der weiß, warum das hier "Golden Gate" heißt.

Die USA haben ihren ganz eigenen Reiz, aber ich kann bis heute noch nicht sagen, worin der denn genau liegt. Sind es die kaputten Straßen, die vielen (noch) gut angezogenen Obdachlosen oder der erbarmungslose Kapitalismus, der hier Kleinkindern schon in die Wiege gelegt wird?
Nein, das sind wohl eher nicht die Gründe, warum ich mich hier wohlfühle :)

Vielleicht ist es die Anonymität und die damit verbundene Freiheit, die ich so toll finde. Vielleicht die vor Ideen sprudelnde Bay Area, die sich immer wieder neu erfindet, die Apple, Google und wie sie alle heißen hervorgebracht hat.
Der brodelnde Sprawl der Westküste, der scheinbar Unvereinbares vereint, scheinbar Unmögliches möglich macht und obendrein von einem österreichischen Bodybuilder regiert wird.

Der Glaube daran, dass hier alles möglich ist, sickert von überall rein. Man kann sich dieser Faszination nicht entziehen: Dem, trotz oder gerade wegen Wirtschaftsflaute, beständigen Hoffen auf eine bessere Zukunft.

Aber auch das inhärente Klassensystem ist nicht zu übersehen. Meist Weiße in den oberen Schichten, die Mittelklasse inzwischen kräftig durchmischt und unten, in den Drecksjobs, die keiner will: Chinesen, Mexikaner, Puerto-Ricaner.
Die sehen alle müde aus, sehr müde und trotzdem bleiben sie hier, sparen für die Ausbildung ihrer Söhne und Töchter und möchten teilhaben an dem Traum, der diesen kühlen Kapitalismus umspinnt wie Zuckerwatte.

Was liegt vor mir? Es gibt noch ein paar Pflichtaufgaben zu bewältigen: Führerschein machen, neue Wohnung suchen, Visum in den Pass stempeln lassen (bewilligt ist es schon).

Dann gibt es noch viele andere Dinge, die ich hier mal tun möchte: Den Segelschein endlich machen, Tauchen unten in Carmel, Bodysurfen am Ocean Beach, ins Theater gehen oder in ein Konzert (wenigstens hab ich Karten für Wicked, das hier gerade läuft) und noch ein paar mehr Nationalparks besuchen.

Ich denke auch darüber nach, mir noch andere Städte anzuschauen, so es der Job zulässt. Meine Freunde hier drüben leben inzwischen alle in Salt Lake City und es kann gut sein, dass das meine nächste Anlaufstation wird.

Dauerhaft Wurzeln zu schlagen muss erstmal warten. Wie schon so oft.

Jochen

PS: Ich möchte mich bei meinen Lesern für die Treue bedanken und hoffe ihr besucht mich weiter zahlreich, sowohl auf dem Blog als auch vor Ort.

Montag, 22. Juni 2009

In Memoriam: Norbert W.


In meinen wilden Zeiten war ich oft mit dem Kayak unterwegs und hab die wilden Flüsse Europas bepaddelt. Sowas tut man in der Regel nicht alleine, sondern mit einem Haufen anderer Verrückter. Norbert war so ein Verrückter und ich lernte ihn, glaube ich, mit 15 oder 16 kennen.

Ich war unterwegs mit meinem Vater auf einer seinen legendären "Mit Kayak und Kothe"-Touren, d.h. Zelten in einer Kothe (mit Feuerstelle in der Mitte) und Touren mit dem Kayak und das von Wildwasser I (laaangweilig) bis Wildwasser V (aua, aua, wenn das schiefgeht...)

Norbert brachte schon einiges an Erfahrung mit und ich schaute mir den einen oder anderen Trick bei ihm ab.
Er war mir immer ein Vorbild auf dem Bach und ich versuchte mich überall da runterzustürzen, wo auch Norbert runterfuhr.
Zur allgemeinen Begeisterung bei Vater und/oder Mutter. Oder auch nicht ;)

Wenn jemand mitsamt Boot komplett im tosenden Schaum eines Wasserfalls verschwand und erst Sekunden später wieder auftauchte, dann saßen entweder ich oder Norbert im Boot.
Na gut, ich saß dann auch manchmal nicht mehr im Boot und schwamm eher rum. Aber ich konnte immer auf Norbert zählen: Er würde mich schon rausfischen.

Auch mit dem Ende der Schulzeit und zu Beginn des Studiums war ich immer mal wieder mit Norbert unterwegs, um zur Schneeschmelze die noch letzten, unbekannten Bäche in den Alpen oder in Korsika zu entweihen. Goldene Zeiten, unbeschwerte Zeiten.

Das schönste Erlebnis mit ihm hatte ich jedoch in Kanada. Vier Wochen tiefste Wildnis und den South Nahanni River (siehe Bild) unter unserem Kanu. Campen unter Wölfen, Caribous und Bären.

Wir waren eine Gruppe von 6 Leuten, die alle Einheimischen als "verrückte Deutsche" bezeichneten, weil wir unsere eigenen, aufblasbaren Kanus aus Deutschland mitgebracht hatten.
Angereist über Toronto, Edmonton, Calgary, Vancouver, Whitehorse, Watson Lake, bepackt mit Tonnen von Lebensmitteln ging es los in einem Wasserflugzeug über die nördlichen Rockies zum Quellsee des South Nahanni, der von oben so groß wie ein nasses Handtuch aussah.

Erinnerungen:
Die ersten Nächte auf der Tour, die keine waren, da die Sonne einfach nicht untergehen wollte.
Das gemeinsame Kochen, Wasser aufbereiten, Zeltaufbauen, Lebensmittel Bären-sicher verstauen, den Aufstieg auf einen unbenamten Berg, das Staunen über die fantastische Landschaft und Wildnis, die Adrenalinstöße im übervollen Kanu, wenn es runterging in einen unbekannten Canyon, mit hohen Wellen und Walzen und einem stets fröhlichen Norbert, der mich dazu anstachelte doch in die größten Brummer reinzusteuern.
Das sind wundervolle Erinnerungen, die ich ihm zu verdanken habe.

Und vermutlich auch mein Leben und zwar gleich auf mehrere Arten. Auf dem Wildbach, wenn er zur Stelle war, um mich sicher ans Ufer zu bringen, als auch in Kanada im Zelt, wo seine legendären Käsfüße Bären und Moskitos von unserem Zelt ferngehalten haben ;)

Norbert hat das Leben immer in vollen Zügen genossen, hat sich früh aus dem Berufsleben zurückgezogen und einfach das getan, was er wollte: Musik, Reisen, Paddeln.
Überall hatte er seine Gitarre dabei und jede Tour mit ihm war vor allem eins NIE: langweilig.
Ich bewundere ihn dafür, dass er sich selbst verwirklicht hat und konsquent seinen Weg gegangen ist, egal was andere gesagt haben (inklusive mir :)

Um so trauriger, dass er letzte Woche an Herzversagen gestorben ist. Ich kann es immer noch nicht glauben.

Als alter Atheist bleibt mir als einziger Trost, dass sein Leben auf mich abgefärbt hat, dass ein Teil von ihm in meinen Neuronen verwoben ist und dass er nicht vergessen werden wird. Dank Dir, Norbert.

Donnerstag, 11. Juni 2009

Only in America (1)


Auf geht's zu meiner Serie von Kurzbeiträgen über Bizarres, Lustiges und Verrücktes, was eigentlich nur aus Amerika kommen kann.

Diesmal aus dem Staat der Verrückten: Texas!

In Kleberg (nahe Kingsville), Texas versuchen sich die Leute gerade an einer neuen Gesprächseröffnung. Statt dem üblichen "Hello" wird jetzt auf ein freundliches und welt-offenes (!) "Heaven-o" umgeschwenkt!

Der Grund: "Hello" enthält das Wort "Hell" und das ist bekanntlich höllisch böse. Nein, das ist kein Aprilscherz. Selbst die Beteuerungen eines Englisch-Professors an der Uni Kingsville, dass "Hello" aus dem altdeutschen stammt und verwendet wurde, um ein Boot heranzurufen, blieben ungehört.

Ruft man beim Courthouse in Kleberg an, so wird einem ein fröhliches "Heaven-o" entgegengeschmettert.

Die Gemeinde hofft, dass sich diese neue Begrüßung langsam, aber sicher, durchsetzen wird.

Ich bin sicher, der Staat wird bald eingreifen und für alle Religionen gleichsames fordern. Buddh-o oder Krishn-o? Die Atheisten können wohl bei Hell-o bleiben, denn die landen eh in der Hölle, nicht wahr?

Only in America...

(via Pharyngula)

Sonntag, 7. Juni 2009

Mobil und im Flugzeug

Das ist eine Weltpremiere für mein Blog.
Dieser Eintrag kommt live aus dem Flugzeug und per iPhone.
Der Spaß kostet 8 Tacken pro Flug und ist relativ schnell. Skype-chat klappt auch. Delta bietet das neuerdings an. Ein echter Grund mehr die Jungs zu buchen.
Ups. Landeanflug. Muss aufhören.

Dienstag, 2. Juni 2009

Taste my Java


Diese Beitrag könnte technisch werden. Tschuldigung.
Also, als alter Java-Entwickler und -Architekt versuche ich ja schon seit Jahren mal die offizielle JavaOne-Konferenz besuchen zu können und dieses Jahr hab ich es tatsächlich geschafft.

Jetzt sind die aufregenden Jahre für Java leider vorbei, aber es gibt immer noch interessante Projekte, neue Technologien und ca. 15000 Teilnehmer, die alle in diesem Mikrokosmos operieren und ihr Geld machen oder es zumindest versuchen.

Sogar der ehemalige Erzfeind Microsoft hält eine Keynote und bestätigt wieder den Trend zu offenen Standards (in diesem Fall Web-Services).

"Heiß" diskutierte Themen sind dieses Jahr Rich Media (i.e. JavaFX), Mobility, Web-Services, Cloud-Services und natürlich die Kern-Java-Technologie an sich.

Neben wirklich guten Vorträgen sind leider auch einige unglaublich langweilige und schlecht vorgetragene dabei. So hat sich der vielversprechende Vortrag "Using REST and Web Services to Mash Up Communications Capabilities" als echte Luftnummer erwiesen. Anscheinend darf sich heutzutage jeder, der URLs in seinem Applikationsdesign verwendet, REST-Guru schimpfen.
Einzig der süße schwedische Akzent von Mrs. Fersman (eine der Vortragenden) hat mich wachgehalten.

Als Goodies gab es übrigens einen Rucksack, ein T-Shirt und eine Java-Jacke (jetzt hab ich ganze zwei Jacken, yeah) und - typisch amerikanisch - ein Hand-Sanitizer (also so eine antibaktierelle Handpaste)...

Ansonsten gibt es wenig Neues zu berichten. Oh, vielleicht doch, mein Visum wurde verlängert. Ich darf jetzt bis 2011 hierbleiben. Dann geht es hoffentlich auch mit der Wirtschaft wieder aufwärts und ich kann den Plan bis 50 in Rente zu gehen doch noch umsetzen, muahahaha.