Montag, 22. Juni 2009

In Memoriam: Norbert W.


In meinen wilden Zeiten war ich oft mit dem Kayak unterwegs und hab die wilden Flüsse Europas bepaddelt. Sowas tut man in der Regel nicht alleine, sondern mit einem Haufen anderer Verrückter. Norbert war so ein Verrückter und ich lernte ihn, glaube ich, mit 15 oder 16 kennen.

Ich war unterwegs mit meinem Vater auf einer seinen legendären "Mit Kayak und Kothe"-Touren, d.h. Zelten in einer Kothe (mit Feuerstelle in der Mitte) und Touren mit dem Kayak und das von Wildwasser I (laaangweilig) bis Wildwasser V (aua, aua, wenn das schiefgeht...)

Norbert brachte schon einiges an Erfahrung mit und ich schaute mir den einen oder anderen Trick bei ihm ab.
Er war mir immer ein Vorbild auf dem Bach und ich versuchte mich überall da runterzustürzen, wo auch Norbert runterfuhr.
Zur allgemeinen Begeisterung bei Vater und/oder Mutter. Oder auch nicht ;)

Wenn jemand mitsamt Boot komplett im tosenden Schaum eines Wasserfalls verschwand und erst Sekunden später wieder auftauchte, dann saßen entweder ich oder Norbert im Boot.
Na gut, ich saß dann auch manchmal nicht mehr im Boot und schwamm eher rum. Aber ich konnte immer auf Norbert zählen: Er würde mich schon rausfischen.

Auch mit dem Ende der Schulzeit und zu Beginn des Studiums war ich immer mal wieder mit Norbert unterwegs, um zur Schneeschmelze die noch letzten, unbekannten Bäche in den Alpen oder in Korsika zu entweihen. Goldene Zeiten, unbeschwerte Zeiten.

Das schönste Erlebnis mit ihm hatte ich jedoch in Kanada. Vier Wochen tiefste Wildnis und den South Nahanni River (siehe Bild) unter unserem Kanu. Campen unter Wölfen, Caribous und Bären.

Wir waren eine Gruppe von 6 Leuten, die alle Einheimischen als "verrückte Deutsche" bezeichneten, weil wir unsere eigenen, aufblasbaren Kanus aus Deutschland mitgebracht hatten.
Angereist über Toronto, Edmonton, Calgary, Vancouver, Whitehorse, Watson Lake, bepackt mit Tonnen von Lebensmitteln ging es los in einem Wasserflugzeug über die nördlichen Rockies zum Quellsee des South Nahanni, der von oben so groß wie ein nasses Handtuch aussah.

Erinnerungen:
Die ersten Nächte auf der Tour, die keine waren, da die Sonne einfach nicht untergehen wollte.
Das gemeinsame Kochen, Wasser aufbereiten, Zeltaufbauen, Lebensmittel Bären-sicher verstauen, den Aufstieg auf einen unbenamten Berg, das Staunen über die fantastische Landschaft und Wildnis, die Adrenalinstöße im übervollen Kanu, wenn es runterging in einen unbekannten Canyon, mit hohen Wellen und Walzen und einem stets fröhlichen Norbert, der mich dazu anstachelte doch in die größten Brummer reinzusteuern.
Das sind wundervolle Erinnerungen, die ich ihm zu verdanken habe.

Und vermutlich auch mein Leben und zwar gleich auf mehrere Arten. Auf dem Wildbach, wenn er zur Stelle war, um mich sicher ans Ufer zu bringen, als auch in Kanada im Zelt, wo seine legendären Käsfüße Bären und Moskitos von unserem Zelt ferngehalten haben ;)

Norbert hat das Leben immer in vollen Zügen genossen, hat sich früh aus dem Berufsleben zurückgezogen und einfach das getan, was er wollte: Musik, Reisen, Paddeln.
Überall hatte er seine Gitarre dabei und jede Tour mit ihm war vor allem eins NIE: langweilig.
Ich bewundere ihn dafür, dass er sich selbst verwirklicht hat und konsquent seinen Weg gegangen ist, egal was andere gesagt haben (inklusive mir :)

Um so trauriger, dass er letzte Woche an Herzversagen gestorben ist. Ich kann es immer noch nicht glauben.

Als alter Atheist bleibt mir als einziger Trost, dass sein Leben auf mich abgefärbt hat, dass ein Teil von ihm in meinen Neuronen verwoben ist und dass er nicht vergessen werden wird. Dank Dir, Norbert.

1 Kommentar:

Unknown hat gesagt…

Ach, Mensch, ich hab's grad erfahren... Große Scheiße das Leben manchmal.