Dienstag, 15. Juli 2008
Spieletest: Metal Gear Solid IV (PS3)
Keine Freunde, keine Verpflichtungen: Die perfekte Zeit einige Spiele durchzuzocken und euch mit einem Bericht zu beglücken.
Na gut, die Nicht-Spieler werde eher weniger beglückt, obwohl die Beschäftigung mit interaktiver Unterhaltung inzwischen den Hauptstrom erreicht hat und immer mehr Anhänger findet.
Zwischen popeligen Handyspielen, lieblos zusammengewürfelten Ballerspielen, fantasielosen Sportspielen in der 17. Wiederholung findet sich jedoch noch das ein oder andere Kleinod, dass Videospiel als Kunstform zelebriert und weit über das hinausgeht, was man heute im Kino serviert bekommt.
Für alle, die mit diesem Hobby nix anfangen können, hier das Alternativprogramm.
Man liest sich im nächsten Blog-Eintrag. Tschüüs.
So, da wir durchgeknallte Abhängige jetzt unter uns sind: Welcome n00bs!
Die Metal Gear-Serie ist für zwei Dinge bekannt: Ausufernde Cutscenes und Schleichaction.
Mit dem neuesten Teil der Serie hat man diese Eigenschaften konsequent weitergeführt und auf die Spitze getrieben: Über 90 Minuten zwischen den Spielabschnitten eingestreute Sequenzen, die in feinster Spielegrafik dargestellt werden, spinnen die Geschichte um Snake, dem Hauptakteur des Spiels, in atemberaubender Weise weiter.
Um alles nur ansatzweise zu verstehen, sollte man sich jedoch ein wenig auskennen im MGS-Universum. Hier helfen die Wikipedia-Seiten zu den einzelnen Teilen der Serie weiter.
Der Plot mag nicht jedermanns Sache sein, aber mir hat er gefallen.
Anders als in vielen anderen Videospielen werden hier alle Aspekte des Lebens beleuchtet, ja die Leitthematik scheint Selbstaufopferung und Leiden zu sein. Ungewöhnlich für Videospiele.
Der Protagonist wird in diesem Teil von einer leidvollen Erfahrung in die nächste gejagt.
Es ist nicht so sehr der Plot, sondern das handwerkliche Können das Begeisterung hervorruft. Spielemacher Hideo Kojima ist ein begnadeter Regisseur und hat ein Händchen für Kamerfahrten, Licht, Timing und Stimmung. Kurzum, einfach großartig gemachte Sequenzen, denen man gerne verzeiht, dass sie stellenweise einen Tick zu lang sind.
Die Last-Stand-Sequenz der Nebenpersonen Meryl und Akiba ist einfach albern und dramatisch zugleich und irgendwie ... japanisch.
Kommen wir zum eigentlich Spielablauf, der einiges an Freiheiten zulässt, aber sich nicht mit Sandbox-Spielen wie GTA IV vergleicht.
Snake kann sich aussuchen, ob er schleichend, ohne Feindkontakt weiterkommt, oder ob er mit den verschiedensten Waffen, von Popel-Pistole bis Raketenwerfer die Gegner bekämpft. Oft hat er es mit zwei Parteien zu tun, wobei er sich entweder neutral verhalten kann, oder sich einer Seite anschließt.
Schon der erste Schauplatz, irgendwo im nahen Osten, gibt gut die immersive und beeindruckende Atmosphäre wieder, die sich durchs ganze Spiel zieht.
Die Grafik und vor allem der Sound werfen Snake mitten in das blutige Schlachtgetümmel eines intensiven Häuserkamps. Artillerie-Einschläge, "Metal Gear" in Form riesiger zweibeiniger Hybrid-Kampfdroiden, der Situation angepasste Funkverkehr und mittendrin Snake, diesmal mit einer sich der Umgebung anpassenden Ganzkörperrüstung ausgestattet.
Das Spiel strotzt vor Details und natürlich Items, die man nach Belieben einsetzen kann: Rauchgranaten, Betäubungsgranaten und -Pistolen, Pappkartons, IPods, Zigaretten, Playboy-Hefte zum Anlocken von Wachen, Stun-Messer, Essensrationen etc. Alles da, um dem Spieler viele Möglichkeiten an die Hand zugeben seine Widersacher zu umgehen, abzulenken, in Schränke zu stopfen, zu durchsuchen oder gleich ganz über den Jordan gehen zu lassen.
Sowohl in den Cutscenes als auch im Spiel selbst zeigt sich die Detailverliebtheit des Produzenten. Allein die grafische Ausstattung muss schon Millionen verschlungen haben.
Sehr beeindruckend.
Die künstliche Intelligenz der Wachen hat sich gegenüber dem Vorgänger leicht verbessert. Trotzdem fällt es vielen Wachen nicht auf, wenn ihr Kollege mal gerade um die Ecke ist und einfach nicht wiederkommt.
Aber natürlich schafft man es immer wieder Aufmerksamkeit zu erregen. Die Wachen schlagen Alarm, man hört das Fußgetrappel von zusätzlichen bis an die Zähne bewaffneten Wachen und das Adrenalin pulst durch die Adern, da man frenetisch nach Deckung sucht bis sich die Aufregung gelegt hat. Man wird trotzdem öfter den Game Over Screen zu sehen kriegen (Snake? Snaaake! SNAAAAAAAAAKE!!!). Aber das Spiel ist fair mit den Rücksetzpunkten und man verliert nicht viel Zeit bei solchen Missgeschicken.
Die Zwischengegner sind einfach fantastisch gemacht. Allesamt gebrochene Frauen, gefangen in totbringenden Maschinen und mit perfiden Mitteln ausgestattet Snake das Leben richtig schwer zu machen. Es ist fast klassisch: Finde die Schwachstellen, um überhaupt eine Chance zu haben, den Gegner zu überwinden. Hier werden die meisten Continues eingelöst werden.
Der Funkkontakt zu Otacon (eine weitere Nebenperson aus den anderen Teilen) ist oft hilfreich, um die Schwachstellen aufzudecken.
Die Steuerung ist gut gelöst und das Zielen und Schiessen für einen Shooter auf Konsolen annehmbar. Umschaltbar zwischen 1st- und 3rd-Person-Perspektive hat man genügend Übersicht über das Geschehen. Ein Bewegungsradar um Snake herum hilft Wachen zu entdecken, die man gerade nicht im Blick hat.
Der Schwierigkeitsgrad ist einstellbar und in der Standard-Einstellung wirklich moderat. Der Endkampf jedoch war brutal schwer und hat mich richtig Nerven gekostet. Entlohnt wird man mit einem tränenreichen Epilog, den man wirklich zuende schauen sollte, auch wenn mal sowas wie ein Abspann kommt. Es geht noch weiter. Und dann noch weiter.
Angeklatscht an das Hauptspiel ist, wie heutzutage üblich, noch ein Mulitplayer-Teil.
Erstaunlich umfangreich und aufwendig gemacht bietet er zusätzlichen Spielspass.
100% begeistern konnte er mich jedoch bisher nicht.
Metal Gear Solid IV ist großartige Videospielkunst, die sich kein Videospiel-Fan entgehen lassen sollte. Durchgespielt hatte ich das Spiel in ca. 25 Stunden, doch in Erinnerung wird es noch länger bleiben.
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